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Unsere Quellen: Urkunden aus der institutseigenen Lehrsammlung

Im Rahmen der Lehrveranstaltung wird von jedem Teilnehmer eine Urkunde aus der instituseigenen Lehrsammlung bearbeitet. Daher wurde zunächst danach gefragt, welche grundwissenschaftlichen Lehrsammlungen es im deutschsprachigen Raum gibt und welches die verbindenden Charakteristika dieser Sammlungen sind. Gleichzeitig wurde die Lektüre des einschlägigen Aufsatzes von Arnold Esch (Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall) besprochen und dabei diskutiert, inwiefern die darin getroffenen Aussagen auf Lehrsammlungen zutreffen.

Grundwissenschaftliche Lehrsammlungen

  • Universität Göttingen, Gatterer-Apparat
    • Sammlung von einschlägigem Anschauungsmaterial wie Urkunden, Handschriften, Siegeln und Typaren
    • Begründet von Prof. Johann Christoph Gatterer (1772-1799)
    • Wie die einzelnen Stücke in Gatterers Besitz kamen. lässt sich nicht mehr nachverfolgen
    • Über Umwege gelangte die Sammlung zunächst in die Schweiz und schließlich 1997 in das Landesarchiv Speyer
    • Heute befinden sich ca. 4500 Urkunden in der Sammlung
  • Universität Göttingen, Apparatus diplomaticus
    • Didaktisch ausgerichtetes "Diplomatisches Cabinet" für die Lehre in der Diplomatik
    • Sammlung von über 1000 Schriftzeugnissen von der Spätantike über das Mittelalter bis hin zur Frühen Neuzeit
    • In der Sammlung befinden sich Kaiser- und Königsurkunden, Papst- und Privaturkunden sowie Notariatsinstrumente
  • Humboldt-Universität Berlin, Paläographisch-diplomatischer Apparat[A 1]
    • Sammlung des ehemaligen Historischen Seminars
    • Begründet im Jahr 1892
    • Heute befinden sich in der Sammlung noch 147 Urkunden
  • Universität Halle, Paläographisch-diplomatische Sammlung
    • Zeitgleich mit der Gründung des Historischen Seminars im Jahr 1875 angelegt
    • Der Grundstock der Sammlung geht auf Ernst Dümmler (1830-1902) zurück
  • Ludwig-Maximilians-Universität München, HGW-Lehrsammlung
    • Vermutlich bereits unter Prof. Henry Simonsfeld (1889-1913) angelegt
    • In der Lehrsammlung befinden sich italienische Urkunden (15./16. Jahrhundert), deutsche Privat- und Bischofsurkunden des 15.-19. Jahrhunderts, ansonsten überwiegend aus dem ober- und niederösterreichischen Raum
    • Zu einem späteren Zeitpunkt kamen etwa 90 Handschriftenfragmente (12.-14. Jahrhundert) hinzu
    • Es handelt sich bei einem überwiegenden Teil um kassierte oder später anderweitig verwendete Stücke

Charakteristika von Lehrsammlungen

1. Lehrsammlungen besitzen einen didaktisch ausgerichteten Charakter (einschlägiges Material)
2. Provenienz- und Pertinenzprinzip sind auf sie nicht anwendbar
3. Die Zusammensetzung von Lehrsammlungen geht oft auf die Sammelinteressen ihrer Begründer zurück
4. Es handelt sich bei den darin befindlichen Stücken oft um Stücke, denen wenig "historischer Wert" beigemessen wurde (Überrest)
5. Dadurch, dass es sich häufig um kassierte oder später anderweitig verwendete Stücke handelt, kann - mit Blick auf die Kernaussagen von A. Esch - die These aufgestellt werden, dass sich in Lehrsammlungen zahlreiche Stücke finden, die ohne den Überlieferungszufall, dem sie den Eingang in diese Sammlungen verdanken, vermutlich nicht überliefert worden wären
→ Gerade vor diesem Hintergrund erscheint ihre Edition für den Historiker interessant und lohnend, da sie einen Blick in das 'alltägliche Leben' werfen, welches hinsichtlich der Überlieferungschance stets "benachteiligt"[A 2] war.

Anmerkungen

  1. Vgl. Universitätssammlungen.de (mit weiterführenden Literatur-Hinweisen).
  2. A. Esch, Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall, S. 540.